Bild : Friedensforum Neumünster

Kriegspropaganda

Mittwoch, 30. August 2023


Kriegspropaganda ist ein dauerhaftes Thema. Auch wenn sich die Friedensbewegung lieber mit Friedensarbeit beschäftigt und nicht mit Kriegsaktivitäten, so ist es doch für einen demokratischen Diskurs mit kriegsoffenen Bürgern wichtig ihre Argumentationsformen zu entschlüsseln. Kriegspropaganda ist ein deutliches Wort, das von der "militärfreundlichen" Seite unserer Gesellschaft nicht gebraucht wird. Schon Edward L. Bernays , der Begründer der modernen Propaganda mit seinem Buch Propaganda von 1928 benutzte später lieber den Begriff Öffentlichkeitsarbeit.


Kriegspropaganda ist eine spezielle Form der Propaganda. Also werden deren Methoden auch im Kriegsfall eingesetzt. Über Propaganda gibt es zahlreiche Bücher und Informationsquellen, da sie z.B. als kommerzielle Werbung eine große Bedeutung für die westliche Welt hat. Entsprechend umfangreich ist die Forschung zu den Grundlagen und psychologischen Mechanismen besonders in den angelsächsischen Ländern. Es gibt eine Reihe von Beispielen, daß Werbeagenturen Kriegspropagandakampagnen entworfen haben. Im Zuge der Ausbreitung des Internets und der "sozialen" Medien erfordert die Kontrolle der veröffentlichen Meinung eine schnellere Reaktion, sodass zunehmend militärische Organisationen dafür geschaffen werden, wie z.B. die neue Teilstreitkraft der Bundeswehr "Cyber- und Informationsraum", oder die Aufgaben von Geheimdiensten werden erweitert oder die Betreiberfirmen der "sozialen Medien" per Gesetz zur Aufsicht mit eigenem Personal verpflichtet.


Für die Nichtprofis wie wir ist eine überschaubare Darstellung der Propagandatechniken hilfreich zum Durchschauen der täglichen Medienbeiträge oder für Gespräche mit Mitbürgern. (Wer möchte, kann sich gerne in die Fülle der Literatur einarbeiten, Hinweise am Ende des Beitrags). Die Historikerin Anne Morelli hat in ihrem Buch Die Prinzipien der Kriegspropaganda (französischer Originaltitel: Principes élémentaires de propagande de guerre, 2001) folgende zehn Sätze vorgestellt (Fettdruck von Morelli, dazwischen aktuelle persönliche Bespiele, die jeder durch eigene ersetzen kann) :


1. Wir wollen keinen Krieg!

Wir haben nur einen Verteidigungsminister. Die Aufrüstung dient nur der Abschreckung, also dem Frieden. Es ist ein Auslandseinsatz, eine Anti-Terror-Organisation Enduring Freedom kein Krieg, Deutschland wird am Hindukusch oder in Mali verteidigt. Unsere Soldaten bauen dort Schulen und Brunnen...

2. Der Gegner ist allein für den Krieg verantwortlich!

Wir erweitern die Nato nur zur Verteidigung am Pazifik, Wir liefern keine Waffen an Kriegsparteien oder schenken ihnen Geld für den Sold der Soldaten.

3. Der Führer des feindlichen Lagers wird dämonisiert.

Man braucht sich dazu nur die Artikel der Medien anschauen, in denen der Name "Putin" fällt.

4. Wir verteidigen ein edles Ziel und keine besonderen Interessen!

Unsere Regierung setzt sich für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte ein, z.B. in Afghanistan, Saudi-Arabien, Katar. Wir kämpften nicht um Kolonien oder wirtschaftliche Einflußzonen.

5. Der Feind begeht wissentlich Grausamkeiten, wenn wir Fehler machen, geschieht dies unbeabsichtigt.

Unser Einsatz von Streumunition geschieht nicht absichtlich, wir haben leider derzeit nichts anderes.

6. Der Feind benutzt unerlaubte Waffen.

Wir streben nicht nach Massenvernichtungswaffen (z.B. Teilhabe an Atombomben), die andere Seite schon.

7. Wir erleiden geringe Verluste, die Verluste des Feindes sind erheblich.

Siehe die gegensätzlichen Zahlen, die die Ukraine oder Rußland veröffentlichen.

8. Anerkannte Kulturträger und Wissenschaftler unterstützen unser Anliegen.

Bedeutende Wissenschaftler sind in der Entwicklung von Waffen tätig oder unterstützen die militärischen Aktionen ihrer Regierung durch Aufrufe, Appelle oder Manifeste (Einstein).

9. Unser Anliegen hat etwas Heiliges.

Der USA-Präsident z.B. stellte den Irakkrieg als Kreuzzug gegen die „Achse des Bösen“, als „Kampf des Guten gegen das Böse“ dar.

10. Wer unsere Propaganda in Zweifel zieht, arbeitet für den Feind und ist damit ein Verräter.

Wer kritische Fragen stellt oder der Regierungspropaganda öffentlich widerspricht gilt als Anhänger des Feindes ("Putin-Versteher"). Die staatstreuen Medien "lynchen" verbal die Kritiker. Es geht über Kündigungen, Berufsverboten bis hin zu Gerichtsverfahren. Meinungsfreiheit gibt es nicht mehr


Man findet mit etwas Suche doch eine Reihe von guter Literatur zum Thema Kriegspropaganda oder auch allgemeine Propaganda. In der Regel beginnt die "Kriegs"-Propaganda schon einige Jahre vor dem Beginn der militärischen Aktionen. Dabei wird die Absicht, einen Krieg vorzubereiten, natürlich verschleiert. Z.B. wurde der russische Präsident schon seit mehreren Jahren "dämonisiert" und auch bezüglich der Volksrepublik China hat sich der Ton der Medienbeiträge ins Feindselige gedreht. Um dies rechtzeitig zu erkennen, ist es sinnvoll, sich mit dem Thema der allgemeinen Propaganda zu befassen. Die Propagandatechniken sind ähnlich.


Hier ist eine kurze Liste empfehlenswerter Literatur ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Hinweise auf weitere Titel nehmen wir gerne auf.


Albrecht Müller informiert mit seinen Nachdenkseiten und mehreren Büchern engagiert zum Thema :
Albrecht Müller: Glaube wenig. Hinterfrage alles. Denke selbst.
Wie man Manipulationen durchschaut.


Die Internetseite Der Propaganda-Schlüssel von Swiss Policy Research (SPR) ist auch ein guter Einstieg.


Johannes Menath stellt in seinem Buch Moderne Propaganda 80 Methoden der Meinungslenkung vor.


Rainer Mausfeld beschreibt in seinem Klassiker Warum schweigen die Lämmer?, "Wie Elitendemokratie und Neoliberalismus unsere Gesellschaft und unsere Lebensgrundlagen zerstören" und geht dabei ausführlich auf psychologische Strategien der Propaganda ein. Seine umfangreichen Literaturhinweise decken Wünsche nach Vertiefung ab.